
Carmen Köhler – Ihre Sterbeamme
Den Tod als einen Freund zu betrachten
Hast du diesen Gedanken mal zugelassen? Die meisten tun das Thema ab. Viele glauben, dass der bloße Gedanken an den Tod wie eine Einladung wirkt, ihn anlockt und damit das eigene Leben früher beendet, als man es selbst für sich vorgesehen hat. Aber gibt der Tod dem Leben nicht erst seinen Sinn?
So, Tag und Nacht oder Sommer und Winter, nur gemeinsam einen Sinn ergeben?
Die meisten haben doch Angst vor dem Tod, der böse Sensenmann der uns alles nimmt.
Meine Vorstellung vom Sensenmann ist, dass er ein freundlicher, gut gekleideter Mann, der alle Sprachen spricht, der mich über die Brücke begleitet. Wenn ich gut zuhöre, höre ich sein klopfen an meiner Tür schon einige Zeit vorher.



Was ist eine Sterbeamme?
Eine Sterbeamme ist eine Frau, die sich mit den Sterbe- und Trauerphasen und mit den vielschichtigen Prozessen und den komplexen Gefühlswelten um Sterben, Tod und Trauer auskennt. Sie begleitet Sterbende und Angehörige während des Sterbeprozesses, im Tod und in der Trauer. Einen heilsamen Abschiedsprozess fördern, Ängste lösen.
Der Beruf der Sterbeamme ist vergleichbar mit dem der Hebamme. Dieses Berufsbild ist wohl den meisten bekannt. Eine Hebamme begleitet Frauen durch die Schwangerschaft, während und nach der Geburt – dem Wochenbett – ihres Kindes. Sie sorgt nicht nur für das körperliche, sondern auch für das seelische Wohl von Mutter und Kind – sie ist der „Gute Geist“. Mir persönlich hilft es, dieses Bild auch auf die Tätigkeitsbereiche, in seiner Bedeutung und Vielschichtigkeit zu begreifen und einer Sterbeamme zu übertragen.
Was bedeutet es für mich – Carmen Köhler – Sterbeamme zu sein
Sterbeamme sein bedeutet für mich: „Ja!“ zu sagen, zum Leben und zum Tod.
Den Sterbenden in seinem Prozess zu ermutigen sich auf die Suche nach seinem ganz eigenen Bild vom Tod machen kann. In dem er seine Reise planen und gestalten kann.
Sterbeamme sein bedeutet für mich: Den Sterbenden dabei zu unterstützen, sich seinen individuellen Ängsten zu stellen. Sie zu erkennen, sie zu versorgen und zu verwandeln. Den Sterbenden als Experten für seine eigene Gefühlswelt zu achten und zu begleiten.
Sterbeamme sein bedeutet für mich: Gemeinsam mit dem Sterbenden Rückschau zu halten. Rückschau auf Unerledigtes, auf Verletzungen oder Versäumnisse. Ihn dabei zu unterstützen, diese aufzulösen und seinen Frieden zu schließen.
Denn: Es ist nie zu spät! Es ist immer alles möglich!
Und wenn derjenige es nicht selbst kann, so kann die Sterbeamme stellvertretend handeln. Sterbeamme sein bedeutet für mich: Dasein, innehalten, aushalten.
Im Prozess mit dem Sterbenden und über seinen Tod hinaus in der Begleitung der Angehörigen.
Eine Sterbeamme versorgt immer zwei Ebenen: Die der Lebenden und die des Verstorbenen. Sie hat das große Ganze im Blick. Gemeinsam mit Sterbenden und ihren trauernden Angehörigen erarbeite ich einen ganz persönlichen Werkzeugkoffer, der verschiedene Rituale und Lösungsansätze im Abschiedsprozess bereithält.